Die Dynamik der Popularität des Türkischen Präsidenten R.T. Erdogan in Deutschland Drucken

Popularität des türkischen Präsident Erdogan basiert nicht hauptsächlich auf die persönlichen Eigenschaften, sondern was er repräsentiert. Er ist ein guter Redner, wenn er vorher geschriebenen Text aus Prompter liest. Er spricht keine Fremdsprache. Er repräsentiert die zunehmende Bedeutung der Türkei in der internationalen Politik, vergrößerten Militärmacht, dem neuen Aussehen der Türkei wegen viele gebauten wie große Einkaufszentren, Autobahnen, Brücken, Flughäfen und andere. Er repräsentiert auch die Transformation des türkischen Nationalismus vom defensiven zum offensiven Charakter.

 

Wir sollen ca. 30 Jahre zurückgehen um die Popularität des Erdogan und der AKP (Gerechtigkeit und Entwicklungspartei) zu verstehen.

Die türkischen Regierungen bemühten sich mit den im Ausland lebenden Türken wenig. Fast 60% davon lebten in Deutschland, bis 1989 meine ich West Deutschland inklusive West-Berlin. Die Regierungen wollten mehr Geldüberweisungen sogar kleine Investitionen von in der BRD lebten und arbeitenden Türken. Sie konnten in der Türkei ein Haus bauen oder einen kleinen Market eröffnen. Das war alles, was als Investition angeht. Die Probleme und Lebensweise der Türken in der BRD interessierten die türkischen Regierungen fast nicht.

Ab 1990-1991 besonders nach der Auflösung der Sowjet Union wurde die Existenz der türkischen Welt erfunden. Damalige Staatsoberhaupt Turgut Özal sagte: 200 Millionen Türken leben zwischen dem adriatischen Meer und chinesischen Mauer. Die Türkei solle die Führungsrolle dieser türkischen Welt übernehmen.

Obwohl die ArbeiterInnen aus der Türkei seit den 60’er Jahren in der BRD leben und arbeiten, hat ihre Erfindung seitens der türkischen Regierungen bis in den 90’er Jahren nicht stattgefunden.

Die Konsulate und deren Personal wurden stufenweise gewechselt. Bis zu den 1990’er Jahren hatten die türkischen Regierungen keine organisatorischen Bemühungen in der BRD. Der übliche Organisationskreis war durch Grauwölfen und Moscheen begrenzt. Ab den 90’er Jahren versuchten die türkischen Konsulate, sich mit aller Art von Aktivitäten in Verbindung zu setzen: mit den türkischen Fußballmannschaften, Malern, Schriftstellern, Studenten usw. Die Türkei wollte eine breite Organisation in Deutschland bauen, um ein innerer Machtfaktor zu sein. Zwischen 1990 bis 2020, in 30 Jahren wurden unterschiedliche und zahlreiche Organisationen gegründet, manche davon hatten eine direkte Verbindung mit Ankara. Die türkischen Regierungen wollten durch diese zahlreichen Organisationen die Politik von Deutschland beeinflussen.

Einer der wichtigsten Aspekte der Globalisierung ist die Vereinfachung der Kommunikation zwischen Ländern und Menschen und dieser verursacht einen großen Schub für die Organisation der Türkei in Deutschland. In den 90’er Jahren konnten die türkischen Regierungen durch die Satelliten-TV-Sender die in Deutschland lebenden Türken direkt beeinflussen. Fast jeder türkische Familie hatte einen Satelliten-TV-Empfänger in ihrem Haus oder auf ihrem Dach.

Vorher war ihre Informationsquelle die türkischen Zeitungen, die mit ein Tag Verspätung in Deutschland erscheinen. Es ist seit langem bekannt, dass die Türken kein lesefreundliches Volk sind, sondern bevorzugen sie zuschauen und zu hören. Wenn fast alle TV-Sender mit wenig Ausnahmen in der Türkei unter Regierungskontrolle sind, dann ist die Regierungspropaganda deutlich stärker. Man kann Erdogan zwei bis drei Mal täglich im Fernsehen sehen. Er spricht, kritisiert die Opposition, erklärt neue Planungen der Regierung, einige Feststellungen für die Außenpolitik, Einbau der neuen Autobahnen sogar Brücken usw. Er spricht über alles. Wenn man jeden Tag Erdogan hört, braucht man keine andere Quelle für die Nachrichten. Er erklärt alles, er ist alles!

Ab 2012 können die Türken, die noch türkische Staatsangehörigkeit haben, an türkischen Wahlen (außer der Kommunalwahl) teilnehmen. Ca. 3 Millionen Wahlberechtigten Türken leben im Ausland und fast % 50 davon in Deutschland. Das Recht zur Wahlbeteiligung hat einen großen Einfluss auf die Aktivitäten der Parteien besonders AKP und HDP (Demokratische Partei der Völker).

Die Türken können nur in den Konsulaten wählen. Wenn eine Familie mit drei Wahlberechtigten in Kassel wohnt, können sie in türkischen Konsulaten in Hannover, Mainz oder Frankfurt wählen. Das bedeutet ca. 400 km Hin-und Rückfahrt und kostet Geld.

Die Wählermobilisierung ist wichtig, wichtiger als in der Türkei, weil die Türken in Deutschland nur an den bestimmten Orten wählen können. Besonders zwei Parteien AKP und HDP mieten Reisebusse, um ihre Wählerschaft hin- und zurücktransportieren. Andere Parteien z.B. CHP kümmert sich wenig um die Wählermobilisierung und deshalb ist dritte stärke Kraft in Deutschland, in der Türkei zweite. HDP ist die zweite stärkste Kraft in Deutschland, in der Türkei aber die dritte.

Die Wählermobilisierung bedeutet Gesicht-zu-Gesicht-Beziehungen der Parteikader mit der Wählerschaft.

Erdogan und seine Partei haben prozentual mehr Unterstützung der WählerInnen in Deutschland als in der Türkei. Man soll die Wählermobilisierung zuzurechnen für dieses Ergebnis. Die Wahlbeteiligung in Deutschland war ca. 50 %. Zahlreiche Türken können nicht in den entfernten Konsulaten wählen. Wählerpotenzial von Erdogan ist groß, aber nicht so groß wie bei Wahlergebnissen.

DIE ZUNAHME DER WICHTIGKEIT DER TÜRKEI IN DER WELTPOLİTİK

Um den Grund verbreiteter Sympathie für Erdogan von in Deutschland lebenden Türken zu verstehen, ist es wichtig, die zunehmende Bedeutung der Türkei in der Weltpolitik zu betrachten. Vor 1991, vor der Auflösung der Sowjet Union war die Türkei ein wichtiges Mitglied der NATO. Das Land hatte keine besondere Rolle im Nahosten, Kaukasus und in den Balkanländer. Besonders ab dem 2000 hat die militärische und wirtschaftliche Effektivität der Türkei enorm zugenommen.

Türkei ist militärisch im Irak und Syrien, im Aserbaidschan und Libyen präsent; sie hat Konflikt mit Griechenland und Frankreich am Ost-Mittelmeer. Aber ist ein noch wichtiger wirtschaftlicher und militärischer Partner von Deutschland und spielt bei der Flüchtlingsproblematik eine wichtige Rolle.

Ich möchte hier eine Bewertung der deutschen Presse über die Gründe der verbreiteten Unterstützung Erdogan kritisieren.

Am 25.06.2018 beschäftigten sich einige Artikeln in der Tagespiegel mit diesem Thema.

Die Frage lautet: „Wer sind die Erdogan-Wähler?“

Wie in der Türkei konnte Erdogan hierzulande vor allem bei den Konservativen mit geringem Bildungsgrad punkten. In der Türkei sind es vor allem die Menschen aus Zentralanatolien, bei denen der Präsident großes Vertrauen genießt. Aus dieser Regionen stammten auch viele der Türken in Deutschland, sagt der Sozialforscher Ruud Koopmans vom Wissenschaftszentrum Berlin. In die Vereinigten Staaten seien hingegen viele aus der türkischen, kemalistisch geprägten Elite ausgewandert. Dort lag die Zustimmung zu Erdogan bei gerade einmal 16 Prozent. „Die türkischen Zuwanderer in den USA sind im Schnitt höher gebildet als der Durchschnittsamerikaner“, sagt Koopmans. „Dagegen stammen die Türken in Deutschland und anderen kontinentaleuropäischen Ländern überwiegend aus Gegenden im ländlichen Anatolien, wo Erdogan auch in der Türkei 60 Prozent oder noch deutlich mehr der Stimmen geholt hat.“

Diese Bewertung der Sozialforscher war fehlerhaft.

Seine Feststellung über die erste Generation war richtig, es sind nur seitdem mehr als 50 Jahre vergangen. Diese Generation hatte am Anfang Mehrheit, hat sie aber jetzt deutlich niedrigere Anzahl. Sie sind entweder nicht mehr im Leben oder seit langem in die Türkei zurückgekehrt. Erdogans Unterstützer sind meistens aus zweiten und dritten Generationen. Sie haben höhere Ausbildung als ihrer Väter und Mütter.

Beispiel England wurde nicht richtig bewertet. Es geht nicht um das Bildungsniveau der Türken in England, sondern hohe Zahl der kurdischen politischen Migranten. In England bei der Präsidentschaftswahl und spätere Wahlen war HDP immer die erste Partei.

Ähnliche Ergebnisse sehen wir auch in der Schweiz. HDP ist fast immer die erste Partei. Ein Grund dafür ist die höhere Zahl der kurdischen politischen Migranten und der andere ist gute Wählermobilisierung.

Die Arbeitsmigration der Türken in die Schweiz später als ins Deutschland staatgefunden und das Bildungsniveau am Anfang war fast gleich wie in Deutschland.

Eine andere Bewertung scheint richtig zu sein.

Es geht um über die soziale Dimension.

„Diese soziale Dimension betont auch der Leiter des Zentrums für Türkeistudien an der Universität Duisburg-Essen, Haci-Halil Uslucan. Für die Motive der Erdogan-Wählerschaft verweist er auf Erdogans erfolgreiche „Stolz-Politik“: „Mit der Aufforderung, stolz auf die türkische Herkunft zu sein, vermittelt er Menschen Selbstwirksamkeit, die sich hier im alten Europa ausgegrenzt und an den Rand gedrängt sehen“, sagt der Psychologie-Professor. „Die ideologische Dimension schlägt voll durch, Erdogan gelingt es, die Auslandstürken emotional an die alte Heimat zu binden, während all das, wofür Erdogan hier zu Recht kritisiert wird, die Menschenrechtsverletzungen, sein Ein-Mann-Regime, die Menschen hier ja nicht trifft. Auch die starke Teuerung in der Türkei spüren sie nicht.“
Der Effekt steigere sich noch, wenn in der europäischen Heimat eine stark antitürkische und antimuslimische Politik bestimmend werde, sagt Uslucan, und
verweist auf Österreich. In Österreich ist die Unterstützung am Rekordniveau: 72%. Diese Unterstützung ist ein Teil der Protest gegen die Haltung der österreichischen Regierung.

DIE TRANSFORMATION DES TURKISCHEN NATIONALISMUS IM ÄRA VON ERDOGAN

Türkischer Nationalismus seit der Gründung der türkischen Republik hat einen defensiven Charakter. Die Nationalisten betrachten sich als Opfer des Ersten Weltkriegs. Osmanische Reich existierte nicht mehr und die Türkei wurde immer von der Sowjet Union bedroht. Der letzte türkische Staat hat immer in der Gefahr und soll sich ständig verteidigen.

Nach der Auflösung der Sowjet-Union (derzeit war der Staatspräsident Özal) hat sich die internationale Lage der Türkei komplett geändert. Die türkische Regierung versuchte ihr Einfluss durch die Unterstützung von den USA auf die türkischstämmigen Republiken wie Aserbaidschan, Usbekistan, Kasachstan im Kaukasus und Zentralasien zu erhöhen. Dieser Versuch war aber wegen der Reaktionen der Russischen Föderation erfolglos geblieben.

Ab Anfang der 2000’er Jahren, d.h. ab Ministerpräsidentschaft und nachher Staatspräsidentschaft von Erdogan änderte die Türkei ihre Beziehung mit der Russischen Föderation und treibt eine expansionistische Politik im Syrien, im Nord Irak und im Kaukasus.

Der türkische Nationalismus transformiert sich vom defensiven zum offensiven Charakter. Die zurückhaltende Außenpolitik von Atatürk wurde verlassen. Wenn die Türkei einige Gebiete im Nord Irak und Nord Syrien erobert, betrachten die türkischen Nationalisten es nicht als Invasion, sondern Zurückeroberung der alten Gebiete, wo das Osmanische Reich ca. 400 Jahren herrschte. In der Realität gehöre es zu uns an.

Die Türken sind seit 60 Jahren leben und arbeiten in Deutschland. Erst waren sie Gastarbeiter dann MigrantInnen. Seit zehn Jahren betrachtet sich überwiegender Teil der Türken –mit der deutschen Staatsangehörigkeit auch- als eine Angehörige des Weltstaates. Dieser Staat sei eine zeitliche Verlängerung des osmanischen Reiches.

Erdogan transformiert den türkischen Nationalismus. Bis in den 1990’er Jahren hatte der türkische Nationalismus, wie ich schon gesagt habe, einen defensiven Charakter. Fast die gesamte Welt ist gegen die Türkei und die Türken sollen sich verteidigen. “Unsere inneren und äußeren Feinde wollen den letzten türkischen Staat ruinieren” war eine bekannte Aussage der Regierungen bis in den 1990’er Jahren. Ab dem Anfang der 2000’er Jahren, d.h. nach der AKP Regierungen beschleunigt sich dieser Transformation. Die Türkei ist immer noch gegen aller Welt, nur dieses Mal nicht um sich zu verteidigen, sondern ihre Herrschaftsvorstellungen zu verwirklichen.

Türkei will ihren Platz in der Welt behaupten, wie ständige Mitgliedschaft im Weltsicherheitsrat.

ZUKUNFT DER POPULARITÄT VON ERDOGAN

Es gibt zwei grundsätzliche Probleme.

Erstens: Erdogan soll die Präsidentschaftswahl 2023 gewinnen.

Zweitens: Um diese Wahl zu gewinnen und ihre Anhängerschaft zu behalten, soll er immer eine Erfolgsgeschichte schreiben. Wenn die wirtschaftliche Lage der Türkei miserable ist, wird einzige Lösung Krieg und Eroberung von neuen Gebieten, immer neue spektakuläre Projekte wie ein türkischer Kosmonaut ins All zu schicken.

Die Partei und Erdogan werden in kürzer Zeit ihre Organisationsbemühungen in Deutschland und anderen europäischen Ländern verbreiten, weil sie eine noch höhere Unterstützung der Wähler brauchen.

Die Flüchtlingsproblematik kann auch zwischen EU und die Türkei zugespitzt sein, wie im Fall von Belarus.

„Wir sind eine große Nation, die Türkei ist einer der wichtigsten Staaten der Welt“

Diese Behauptung braucht eine ständige Beweisführung mit konkreten Aktionen.

 

Engin Erkiner