TÜRKEI SUCHT SEINE FRIEDEN Drucken

Engin Erkiner: Der Krieg zwischen den türkischen Staat und die PKK dauert seit 25 Jahren und kostete bis jetzt ca. 30 Tausend Menschenleben.

In der Vergangenheit gab es zahlreiche militärische Lösungsversuche, wie große Operationen gegen die PKK-Kämpfer innerhalb und außerhalb der Türkei.

 

 

Zahlreiche kurdische Politikern und die Arbeitenden in der pro kurdische Zeitungen wurden in der Vergangenheit umgebracht. Es gab auch zahlreiche Gefängnisstrafen gegen die kurdische Politikern und Journalisten.

Alle Bemühungen des Staates den Konflikt mit der Gewalt zu lösen führte zu keinem nennenswerten Ergebnis.

 

Seit einigen Monaten hat die Regierung (Gerechtigkeit und Entwicklungspartei) eine offensive begonnen und zwar: mit radikalen Maßnahmen den Kurdenkonflikt zu lösen. Sie nannten diesem Prozess als Eröffnung sogar die Lösung.

 

In diesem Punkt steht eine wichtige Frage: Warum jetzt? Warum wollen die Regierung und Generalmaßstab nach 25 jährigen Krieg und zahlreiche Verluste jetzt eine friedliche Lösung? Was ist passiert, was hat sich geändert?

 

Zuerst einmal gibt es wichtige Änderungen in der Region. Die amerikanische Streitkräfte  führten zwei Kriegen gleichzeitig: Krieg im Afghanistan und Irak. Im Irak hat sie –mit britischen Armee- mehr Kontrolle über das Land, obwohl die Widerstand noch nicht beseitigt werden kann. Im Afghanistan ist der militärische Erfolg noch nicht in der Sicht. Nicht nur Amerikaner, sondern auch viele Nato-Ländern –inklusive die Türkei- verlieren zusammen den Krieg. Einige Generale aus der amerikanischen und britischen Armee sagten schon in der Öffentlichkeit diese bittere Wahrheit: Wenn es so weiter geht, werden wir den Krieg verlieren.

 

Die Vereinigten Staaten wollen ihre Soldaten aus dem Irak zurückziehen. Jedoch bleibt mindestens zwei große militärische Basis im Irak und die meisten Soldaten aus diesem Land werden nach Afghanistan transportiert.

Die autonome kurdische Regierung im Nord-Irak verlangt von der US-Regierung diese Entscheidung einem Jahr vertagen. Wenn die Zahl der US-Soldaten im Land deutlich verringert wird, besteht es eine Kriegsgefahr zwischen Arabern und Kurden.

Die kurdische autonome Regierung will die reichen Ölreserven in Musul allein kontrollieren, was die Zentralregierung nicht akzeptiert. Solange die US-Armee im Land ist, besteht keine Gefahr für die Kurden. Nach dem Abzug der US-Armee braucht das Land ein zusätzliches Garanteur für die Ordnung. Dieses Land kann nur die Türkei sein. Für die US-Regierung ist Iran undenkbar, auch Israel ist ungeeignet wegen seines Konflikts mit Arabern.

 

Die kurdische autonome Regierung vertraut die Türkei nicht, nun hat aber keine andere Wahl und deshalb versucht sie seit eigenen Monaten  gute Beziehungen mit der Türkei aufbauen.

 

In diesem Fall hat die Türkei zwei Probleme:

 

Erstens: Die Regierung muss den Kurdenkonflikt im Land mindestens teilweise lösen. Die Türkei führt im eigenen Land einen Krieg gegen die PKK (von zahlreichen Kurden wird sie unterstützt), gleichzeitig unterstützt sie im Irak die kurdische autonome Regierung. Solange kein nennenswerter Konflikt zwischen den kurdischen Organisationen gibt, wie früher zwischen Barzani und Talabani, oder Barzani-Talabani und PKK erlebt wurde, wird so eine Vorgehensweise nicht zu praktizieren. Deshalb wird eine Lösung den Kurdenkonflikt in der Türkei dringend notwendig geworden.

 

Zweitens: Es gibt vermutlich 4000-5000 PKK-Kämpfer im Irak, die Meisten davon im Berg Kandil konzentriert. Die Türkei will die PKK im Irak organisatorisch auflösen und da dieses Ziel militärisch nicht erreichbar ist, fordert die türkische Regierung von der Zentralregierung im Irak diese Auflösung durchzuführen.

Talabani und natürlich auch Barzani forderten die PKK den bewaffneten Kampf aufzugeben, und als Gegenleistung verlangten sie von der Türkei eine Generalamnestie für PKK-Kämpfer, damit sie ins Land zurückkehren können. Die türkische Regierung lehnt diese Forderung strikt ab.

 

Man sollte hier fragen, was eigentlich die Lösung heißt? Gibt es eine Art oder verschiedene Arten von Lösungen? Über die Lösung haben die Regierung, Generalmaßstab und die PKK und ihre Anhänger ganz unterschiedliche Meinungen.

Die Lösung bedeutet für die Regierung: Individuelle kulturelle Rechte anzuerkennen.

Kurdische Sprache ist komplett frei, auch in der politischen Propaganda…

Die Namen der vielen kurdischen Gemeinden wurden in der Vergangenheit geändert. Sie können ihren originalen Namen zurückbekommen.

Kurdische Sprache wird in den Sprachkursen sogar an der Universität gelehrt.

Die amtliche Sprache des Landes bleibt aber Türkisch.                         

Dagegen verlangen die PKK und Demokratische Gesellschaftspartei (DTP), die besonders in dem kurdisch bewohnten Gebiet organisiert ist, nicht individuelle sondern gesellschaftliche kulturelle Rechte.

- Die offizielle Anerkennung der kurdischen Realität. Die Menschen, die in der Türkei leben heißen nicht Türken, sondern besteht aus verschiedenen Nationalitäten, wie Kurden und die anderen. Die kurdische Realität soll in der Verfassung ihr Platz haben.

- Die Republik soll zwei amtliche Sprachen haben. Kurdische Sprache soll als Bildungssprache anerkannt werden.

- Die Regierungen der Städten und Gemeinden sollen große Autonomie haben. Diese Forderung gilt für gesamtes Land, nicht nur besonders Kurden bewohnten Gebieten.

 

Die türkische Regierung und Militärmaßstab lehnten diese Forderungen als Separatismus ab. In der Realität wollen die meisten Kurden und ihre legale und illegale Organisationen nicht von der Türkei trennen. Es gibt zahlreiche Differenzen (die Türkei ist moderner und besonders bei der Rechten der Frauen deutlich besser als im Irak) zwischen die Kurden in der Türkei und im Nord-Irak gibt, diese Verhaltensweise ist plausibel.

 

Wenn die gegenseitigen Parteien verschiedene Inhalte haben, kann die Lösung nur in einem Prozess der Auseinandersetzung stattfinden. Diese Auseinandersetzung muss aber nicht immer mit einem bewaffneten Kampf geführt werden.

 

Die militärischen Operationen werden zurzeit weitergeführt. Die PKK verlängert den Waffenstillstand, aber obwohl sie weniger geworden ist, finden die bewaffneten Gefechten zwischen Armee und PKK weiterhin statt.

 

Es gibt noch drei wichtige Entwicklungen über die Lösung des Konflikts:

1. Gute Beziehungen mit Syrien. Von 1984 bis 1999 unterstützte Syrien die PKK und hatte feindliche Haltung gegen die Türkei. Seit einigen Jahren führt die syrische Regierung ihre Arabisierungspolitik gegen die Kurden im Land. In Syrien leben ca. 1,5 Millionen Kurden, davon haben ca. 400,000 keine Staatsangehörigkeit. Die syrische Regierung hat viele Kurden einfach ausgebürgert, weil sie sie als Gefahr für das Land betrachtet.

 

In der PKK gibt es vermutlich 1500 Kämpfer aus Syrien. Die Türkei verlangt von der syrischen Regierung, dass die Staatsangehörigkeitsrecht dieser Kurden wiederanzuerkennen, damit der Weg für diesen Kämpfer frei sein wird für ihre Rückkehr. Die Regierung von Besar Esad akzeptiert dieser Forderung, aber ob es praktiziert wird, ist ungewiss.

 

(Vortrag in Saarbrücken am 29.09.09) Nur den ersten Teil wurde hier veröffentlicht.